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Ich war mal weg ...

Ich war mal weg
© Hannah S.

 

... und nun bin ich wieder da!

 

Nachdem ich in den letzten Jahren einige schmerzliche Situationen durchlebte, erreichten Körper und Seele schrittweise die Zustandsskala "null". Ganz sanft flüsterte meine innere Stimme: "Rien ne va plus" - nichts geht mehr! In unserer von Leistungs- und Karrieredruck geprägten Gesellschaft natürlich keine einfach zu bewältigende Situation, da es nicht gerade als salonfähig gilt, sich und seinem Umfeld einzugestehen, dass man erschöpft und ausgebrannt ist. Nichtsahnend steht man auf einmal nur noch am Spielfeldrand, muss sich zu seiner menschlichen Niederlage bekennen und einen neuen, unbekannten Kurs einschlagen.

 

Als Körper und Seele rebellierten

 

Nach mehreren Anläufen schaffte ich es! Bewusst nahm ich die schmerzhaften Attacken meines Körpers und die betrübenden Reaktionen und quälenden Gedanken meiner Seele wahr, räumte kurzerhand das Spielfeld, setzte mich auf die Auswechselbank und beschäftigte mich von nun an äußerst intensiv mit den komplizierten Konstellationen des Lebens. Anfangs unter dem Blickwinkel "Warum gerade ich?", wandte sich das Blatt allerdings recht zügig und ich begriff inständig, dass es für mich persönlich eine sehr wertvolle und richtungsweisende Zeit des Nachdenkens werden würde. Eine Zeit, mein Leben noch einmal neu zu entdecken.

 

Nach und nach ließ ich meine letzten Jahre Revue passieren und begann diese sukzessive zu analysieren. Ich stellte fest, dass mich das Leben seinerzeit mit vielen Prüfungen und oftmals gänzlich aussichtslos erscheinenden Schwierigkeiten konfrontierte. Andererseits erkannte ich jedoch auch, dass keine der mir gestellten Aufgaben jemals unlösbar oder unklar war, sondern stets eine Herausforderung widerspiegelte. Eine Aufforderung und Ermutigung des Lebens, mich mit Achtsamkeit und Respekt, meinen dominierenden Lebenssituationen zu stellen und mich hoffnungsvoll und zuversichtlich im Leben neu zu positionieren.

 

Sicht- und Lebensweisen überdenken

 

Und je intensiver ich mich mit diesen tyrannisierenden Situationen und belastenden Umständen des Lebens auseinandersetzte, desto inständiger wurde mir bewusst, dass die Zeit, der ich mit beharrlich steigender Geschwindigkeit nachjagte, in keinster Art und Weise mehr jener Zeitepoche entsprach, die ich für mich persönlich einst als richtungs- und wegweisend favorisierte. Gefühllosigkeit, Leistungsdruck, Macht- und Profitgier prägten meine Gegenwart. Und immer öfter suchte ich nach der Antwort auf die Frage, wo eigentlich unsere gesellschaftlichen Werte, wie Aufrichtigkeit, Charakterstärke & Geradlinigkeit geblieben sind.

 

Doch der Mensch wächst bekanntlich an seinen Aufgaben! Und ich habe sehr schnell begriffen, dass ich den Belanglosigkeiten des Lebens, eine viel zu große Bedeutung beigemessen und mich lange Zeit viel zu sehr auf Nebensächlichkeiten konzentriert habe. Somit gewann für mich die Frage, wie ich in einer rast- und ruhelos geprägten Zeit für mich persönlich eine neue Sicht- und Lebensweise entdecken und nachhaltig gestalten kann, zunehmend an Bedeutung. Die Aufgabenstellung war ganz klar abgegrenzt: Prioritäten setzen und die Bedeutungslosigkeiten des Lebens fixieren und letztendlich auszugrenzen.

 

Den Augenblick als Lehrer wahrnehmen

 

Mein Weg war somit abgesteckt und ich war bereit für meine Neuorientierung. Ich wandte mich von meinem starren Tunnelblick ab, schenke dem neu gewonnenen Panoramablick meine vollste Aufmerksamkeit, definierte meine persönlichen Zielvorstellungen und gewann nach und nach neue Sichtweisen. All die Jahre habe ich verlernt, meine in mir schlummernden Energiereserven effektiv freizusetzen und dem Leben acht- und aufmerksamer gegenüber zu treten. Viel zu oft stand ich der Erfahrung des Augenblicks selbst im Weg und verlor so den Sinn für das Außergewöhnliche im Alltäglichen. Doch das sollte sich ändern ...

 

Ich lernte, Situationen als neutraler Beobachter zu erfassen, diese beurteilungsfrei wahrzunehmen, zu akzeptieren und anzunehmen. Ich beschäftigte mich mit dem Loslassen und schaffte es, den Nebel der Ungewissheit in mir aufzulösen und Dinge, die ich nicht verändern konnte, einfach ziehen zu lassen. Ich begann bewusst in der Gegenwart zu sein, die Einmaligkeit des Augenblicks zu genießen und jeden noch so kleinen Moment nachhaltig zu würdigen. Ich lernte beständig auf meinem Weg zu bleiben, nahm meine inneren Stärken wahr, übte mich in Geduld und Gelassenheit, lernte mein Leben zu leben und einfach nur zu sein!

 

Betritt das Spielfeld und spiele dein Spiel

 

Heute habe ich die Auswechselbank wieder verlassen und das Spielfeld unter völlig neuen Sichtweisen wieder betreten. Ich habe mein Spiel wieder aufgenommen, meine Taktik optimiert und an mein Wesen angepasst. Ich habe für mich begriffen, dass es im Leben nicht nur um den erfolgreichen Sieg um jeden Preis gehen darf, sondern vielmehr darum, sein eigenes Spiel, geprägt von Gerechtigkeit und Fairness, zu bestehen. Heute bin ich sehr froh darüber, dass ich all diese Situationen durchleben durfte und für mich neue Erkenntnisse gewonnen habe.

 

Man kann die Richtung des Windes im Leben nicht verändern. Man kann jedoch seine Segel anders setzen, seinen Kurs neu abstecken und für sich eine neue, wegweisende Richtung einschlagen und sein Spiel noch einmal von vorne beginnen. Und so laufe ich los und umarme das Leben ...