... was für ein Gedanke, der geht ja überhaupt nicht!
Da mir Nicole mitteilte, ich solle einfach schreiben, was mir zu diesem Thema einfällt, schildere ich euch doch mal, was genau mein Leben vor einiger Zeit dermaßen verändert hat, so dass morgen auf gar keinen Fall mein letzter Tag sein könnte.
14. Mai 2015. Feiertag. Sonnenschein. Sorgenfrei. Während ich mit meiner Familie durch die heimischen Felder und idyllischen Wälder des Mittelrheintals marschiere, den herrlichen, sonnigen Feiertag erlebe und auf einem markanten Felsvorsprung meinen leckeren Pott Kaffee genieße, vibriert auf einmal mein Smartphone.
Meine liebe Blog-Kollegin Nicole Frei aus der Schweiz von bewusst glücklich fragt an, ob ich vielleicht Interesse hätte, an ihrer soeben frisch aufgelegten Blogparade mit dem Thema "Was, wenn morgen dein letzter Tag wäre?" teilzunehmen und meine Sichtweise zu diesem Thema in Form eines Blogs fixieren könnte. Eigentlich haben wir doch heute einen so wundervollen, sonnigen Tag, wie kommt sie denn jetzt auf so ein ergreifendes Thema? Vielleicht wegen dem Feiertag Christi Himmelfahrt? Und dann beginne ich auf einmal darüber nachzudenken und stelle für mich ganz schnell fest, dass mein letzter Tag morgen ganz bestimmt nicht stattfinden wird, weil ...
Ich bin noch nicht fertig
Nachdem was ich in den letzten beiden Jahren so alles erlebt habe, wäre es wirklich total bescheuert, wenn morgen mein letzter Tag auf diesem wundervollen Planeten wäre. Ich habe mich doch gerade in den letzten Monaten erst so richtig intensiv mit den komplizierten und verzwickten Konstellationen des Lebens auseinander gesetzt. Zielbewusst habe ich endlich völlig neue und wertvolle Sichtweisen für meine zukünftige Lebensgestaltung entdeckt, viele beschwerliche Lebenssituationen gemeistert und unendlich viele Lebensabläufe sinnvoller strukturiert. Und morgen um 24:00 Uhr sollte das nun alles so mir nichts dir nichts zu Ende sein, ohne dass ich das alles jemals so richtig anwenden konnte? Das geht überhaupt nicht, ich bin doch noch gar nicht fertig hier!
Wir haben keinen Einflus
Selbstverständlich kann unser Leben ganz plötzlich und völlig überraschend vorbei sein und letztendlich können wir darauf auch keinerlei Einfluss nehmen. Und wenn ich tieftraurig an den schwarzen Monat Februar 2015 zurückdenke, als mein ehemaliger Klassenkamerad Ralf mit nur 44 Jahren ganz plötzlich verstarb oder meine beiden ehemaligen Arbeitskollegen Nico und Daniel vor knapp 10 Jahren beide mit etwas über 30 Lebensjahren verstarben, stimmt mich die Möglichkeit des schnellen und völlig blitzartig einsetzenden Endes unseres kurzen Seins zwischendurch immer wieder sehr nachdenklich und traurig. Gerade im letzten Jahr wurde auch unsere Familie mit einer sehr schmerzlichen und für uns nahezu unerträglichen Lebenssituation konfrontiert. Zwei schier unendlich lange Monate mussten wir uns mit dem schmerzhaften Gedanken auseinander setzten, ob unser Kind weiter leben darf oder nicht.
Und dann fällt alles von dir ab
Doch dann erlebten wir den wohl allerschönsten Augenblick unseres Lebens, der für uns alles nachhaltig veränderte. Nach unendlicher Zeit des Wartens, Hoffens und Bangens, wurde uns schließlich mitgeteilt, dass das genetische Untersuchungsergebnis negativ ist. Der grausame Verdacht konnte endgültig ausgeräumt werden. Unser Kind ist kerngesund und darf leben! Wenn Eltern so etwas Wunderschönes erleben dürfen, kann man diesen "schönsten Moment des Lebens", von dem immer geredet und philosophiert wird, wohl nicht anders deuten, als genau diesen beschriebenen Augenblick. Es ist ein Moment der völligen inneren Befreiung und nachhaltigen Wendung. Monatelange Anspannungen, schmerzliche Gedankengänge und nervenaufreibendes Grübeln fallen schlagartig von einem ab, so wie das bunte und raschelnde Laubkleid eines großen, alten Baumes in den stürmischen, kalten Herbstmonaten.
Und auf einmal ändert sich alles
Im Leben werden wir Menschen oft mit Prüfungen und anfangs völlig unlösbar erscheinenden Aufgaben und Konflikten konfrontiert. Doch wenn wir uns mit der erforderlichen Achtsamkeit, dem notwendigen Bewusstsein und Respekt solchen Situationen gegenüber stellen und uns entschlossen positionieren, werden uns bei näherer Betrachtungsweise auch völlig neue Denkstrukturen ersichtlich, die vieles in unserem Leben in einem völlig anderen und gänzlich neuen Licht erscheinen lassen. Und genau das habe ich, mit 45 Jahren vielleicht etwas spät, begriffen und erfahren. Ich freue mich tagtäglich, diese neu gewonnenen Kenntnisse und Sichtweisen auf mein Leben projizieren zu können, um vieles deutlicher sehen zu können und letztendlich ruhiger, gelassener und achtsamer wahrnehmen und meistern zu können.
Morgen der letzte Tag? Sorry, aber ohne mich!
Ich habe für mich begriffen, dass ich belanglosen und völlig überflüssigen Dingen in meinem hastigen und rasanten Leben jahrelang eine viel zu große Bedeutung beigemessen und mich viel zu sehr auf triviale Nebensächlichkeiten konzentriert habe. Ich habe endlich gelernt, mich zu entschleunigen und meine zur Verfügung stehenden Energiereserven nachhaltig freizusetzen. Genau zum richtigen Zeitpunkt habe ich mich vom 'richtigen' Leben finden lassen. Das war er, mein persönlich größter Traum, den es noch zu erfüllen galt und welcher sich für mich endlich bewahrheitet hat.
Was dich sucht findet dich! Und mich hat das 'richtige' Leben gefunden! Darüber hinaus ist heute bereits der 19. Mai 2015 liebe Nicole und ich bin noch immer auf diesem Planeten :-) Allein aus diesem Grund kann weder morgen noch übermorgen unmöglich mein letzter Tag sein, denn ich bin hier noch lange nicht fertig und der Himmel muss warten ...